Mein Geburtsbericht, nichts für schwache Nerven!

Ich habe lange überlegt, ob ich über die Geburt der Sonntagskrümel und den Kaiserschnitt schreiben mag. Zusammenfassend fand ich ihn nämlich so fürchterlich, schrecklich und Angst einflößend, dass ich sehr gehofft habe, ihn einfach verdrängen zu können. Das war der Plan und wie das so mit Plänen ist, wisst Ihr ja selber…

Also nun doch ein kleiner Bericht: Als wir uns entschieden haben, die beiden Wühlmäuse zu holen, war ich ehrlich gesagt fast ein bisschen erleichtert, denn drei Tage Einleitung zwischen „Wehen der Hölle“ und „Absolut nichts“, alles mit geplatzter Fruchtblase (ekelig, da der Körper jede Stunde ca. 500 ml Fruchtwasser nachproduziert und das nun ja einfach so aus einem rausläuft), reichten auch mir dann irgendwann. Ich hätte die Krümel wirklich sehr gerne auf natürlichem Wege zu Welt gebracht, ich hatte es mir sogar sooo gewünscht, habe aber auch vorher schon gesagt, dass wenn es nicht geht, geht es nicht und dann bin ich bereit für einen Kaiserschnitt. Das Wichtigste war mir, dass die Krümel Wehen „miterlebt“ haben, dass sie nicht einfach ohne „Vorwarnung“ geholt werden und dass, sollte es ein Kaiserschnitt werden müssen, ihre Lippen mit meinem Scheidensekret (wurde vorher natürlich auf Infektionen untersucht) benetzt werden würden.

Als ich also abends ins Bett ging, wusste ich, dass ich nächsten Tag Mama werden würde. MAMA, ich!! ? Wann, würden wir erst morgens spontan erfahren, daher haben wir ausgemacht, dass Herr Nilsson um 9 Uhr ins Krankenhaus kommen würde. Die Nacht über hatte ich dann tatsächlich Wehen und bin rüber in den Kreißsaal, um den Schwestern Bescheid zu geben. Man konnte diese auf dem CTG auch sehen, jedoch waren es keine Geburtswehen. Für einen kurzen Augenblick dachte ich, nun geht es doch endlich los, aber das war vermutlich einfach nur die Aufregung!

Morgens habe ich gerade geduscht, als auf einmal die Hebamme reinkam. Ich wäre die Zweite auf dem OP-Plan und könnte in 20 Minuten rüberkommen. 10 Minuten später (ich hatte gerade was angezogen und mein Gesicht eingecremt), kam sie wieder und sagte, ich müsse jetzt doch sofort mitkommen, ich wäre die erste, ansonsten erst mit Glück heute Abend wieder. Ich könne meinen Herzmann anrufen, dass er schnell kommen solle (Anm.: Er hatte einen Fahrtweg von 30-40 Minuten und saß vermutlich eh schon im Auto, um noch etwas Leckeres beim Bäcker zu holen für mich zu holen.). Ich schrieb ihm, er solle Gas geben und vorsichtig fahren (hahaha), ich würde gerade OP-bereit gemacht werden. Ich hatte nicht mal einmal Zeit, noch meine Zähne putzen (ihhhhh)…

Als ich gerade fertig angezogen war für die OP, kam mein Schatz und konnte mir noch schnell einen Kuss geben. Er musste sich auch noch umziehen und ich musste erstmal alleine in den OP-Saal, um vorbereitet zu werden und um meine Narkose zu bekommen. Ich „hüpfte“ auf die Liege (stellt Euch hier einen Elefanten vor, der galant versucht, seinem dickes Hinterteil auf ein Stühlchen zu buchsieren) und hatte kurz Zeit, mich umzuschauen. Es wirbelten bestimmt 6 Personen dort rum und jeder Handgriff saß! Wenn ich aufgeregt bin, gibt es zwei Möglichkeiten, entweder heule ich oder ich quatsche und frage und lasse mir alles erklären. Fehler! Ich schaute mir das OP-Besteck von meinem Thron aus an und es brannte sich in mein Gehirn. Die ganzen Zangen, Skalpelle und dieses quadratische Ding, womit sie den Bauch aufspannen. Im Gespräch kam raus, dass die Schwester, die das Werkzeug bereitlegte, bis gerade gar nicht wusste, dass sie gleich Zwillinge aus mir herausschneiden würden, was meine Aufregung noch verschlimmerte. Na toll!

Es war Zeit für die Spinalanästhesie. Ich sollte ganz nach vorne auf meiner Liege rutschen und den Oberkörper nach vorne fallen lassen (denkt an den Elefanten!). Gar nicht so einfach, wenn man 6 Kilo Kind(er) in seinem Inneren beherbergt und dadurch nicht wirklich beweglich ist. Die Hebamme, die uns schon zu Beginn begleitete, stand dabei vor mir und ich lehnte meinen Kopf gegen sie. Sie streichelte und lobte mich und strahlte eine unglaubliche Ruhe aus! Während an meinem Rücken rumhantiert wurde, versuchte ich, langsam zu atmen und mich nicht auf die Spritze zu konzentrieren. Ich meine, erst gab es eine oberflächliche Betäubung, dann eine zweite, die etwas tiefer ging und zum Schluss die böse böse Spritze. Ich heulte Krokodilstränen und war danach wirklich stolz, dass ich es doch überstanden habe, ohne dass ich ohnmächtig wurde. Ich legte mich zurück / wurde zurückgelegt und langsam wurden meine Beine taub. Das Tuch, was uns die Sicht auf den Bauch nehmen würde, wurde aufgehängt und ich wurde verkabelt, als sie dann auch endlich meinen Schatz zu mir ließen. Ich habe ihn erst gar nicht erkannt (es schauten ja nur die Augen raus und ich sah ihn nur durch meinen Tränenschleier, kopfüber), erst als er sich an meinen Kopf setzte, meine Hand nahm und meine Wange streichelte, wurde mir bewusst, dass er endlich da war! Endlich war ich nicht mehr alleine, endlich war mein Fels bei mir. Jetzt war ich bereit, mich dem was gleich kommt, zu stellen…

Die Ärzte fingen an, den ersten Schnitt zu setzen und ich fragte sie, ob sie gerade geschnitten haben, was sie bejahten. Es tat zwar nicht weh, aber es war fies zu wissen, was sie gerade machten. Dazu muss ich sagen, dass ich ein ausgezeichnetes Kopfkino und wunderbares Vorstellungsvermögen habe. Wie das OP-Besteck aussah, wusste ich ja nun auch und wie ein Kaiserschnitt ablief, ebenfalls. Das war zuviel!

Kennt Ihr das Gefühl, wenn man sich in ein Karussell traut und während man angeschnallt wird und sich es in Bewegung setzt, realisiert, dass man das doch nicht möchte und einfach nur die Angst in einem hochkriecht, weil man nicht mehr weg kann?

Panik machte sich breit! Ich versuchte, mich auf meinen Atem zu konzentrieren und mich „wegzuatmen“. Rein in die Hand meines Schatzes, ganz nah an seine Brust, in seine Arme. Ich weinte und weinte und konnte nicht aufhören. Mein Kopfkino zeigte mir, wie sie meinen Bauch aufrissen, ihn aufspreizten, wie da ein riesengroßes Loch entstand und wie sie sich immer tiefer durch verschiedene Schichten vorarbeiteten, um letztendlich die Gebärmutter zu „öffnen“. Mit einem Mal gab es einen Ruck und ich fühlte mich unvollständig, leerer. Der Käfer schrie einmal kurz und irgendjemand sagte etwas (ich weiß nicht was oder wer, aber es muss die Hebamme gewesen sein, die sagte: „Denkt an das Scheidensekret! Vergesst auf keinen Fall das Scheidensekret!“ (Ich habe vorher jeden darauf hingewiesen wie wichtig mir das ist, wir waren sogar die ersten Patienten in dem Krankenhaus, bei denen das gemacht wurde.))

Danach gab es einen großen PLOPP (die Fruchtblase der Krabbe wurde geöffnet) und auch sie war endlich geboren, was sie natürlich lauthals kommentierte! Mein Kopfkino zeigte ein Massaker aus Blut, Fleisch und jeder Menge Fruchtwasser bis ich ein Saugen hörte, da kam dann einer dieser Auto-Waschanlage-Staubsauger dazu, der alles saubersaugte.

Auf einmal sagte jemand über mir: „Schau mal, das ist Deine Mama!“ Und legte mir ein Bündelchen auf die Brust. Der Käfer war endlich bei mir! Klein und irgendwie knautschig (ehrlich, er sah aus wie ein zusammengeschlagener Preisboxer nach der 9. Runde) und auf seine Art unendlich süß! Das zweite Bündelchen kam kurz danach und wurde meinem Schatz übergeben. Die Krabbe war über und über voll Käseschmiere und sah wahnsinnig zerbrechlich aus! Jetzt sind wir also Eltern und würden unser Leben hergeben, um diese beiden Wesen zu beschützen! Wirklich realisiert habe ich es erst später, zu Beginn fühlte es sich eher an, als hätte man uns zwei Tamagotchis geschenkt.

Als ich wieder zugeflickt war, wurden wir in einen Kreissaal geschoben und nach einer ersten ausgiebigen Kuschelzeit würden die Krümel gewogen, vermessen und das erste Mal angelegt. Ich weiß gar nicht, wie viele Stunden wir dort verbracht haben, aber es dauerte auf jeden Fall so lange bis ich meine Beine wieder spüren konnte. Da die Hebamme zu Beginn meinte, ich müsse laufen können (die meinte, von der Liege zum Bett und später einmal zum Klo), dachte ich an den kompletten Weg und meinte, ich wäre jetzt soweit! Das war auf jeden Fall wohl der Lacher des Tages im Kreißsaal und später wusste ich auch, warum! Jeder Schritt brannte und trieb mir die Tränen in die Augen! Es war, als würde jemand ein heißes Backblech gegen den Bauch drücken und sich weigern, es wegzunehmen.

Ich werde das alles mit Sicherheit nie vergessen (können), aber ein Blick in die Augen unserer wirklich zuckersüßen und wunderhübschen Krümel reicht, um zu wissen, dass ich jederzeit wieder durch diese Hölle gehen würde!

❤️ WEIL ICH EUCH LIEBE UND IHR DAS BESTE SEID, WAS UNS JE PASSIEREN KONNTE ❤️

Wer gerne den Geburtsbericht aus Sicht des Herzmannes lesen möchte, kann diesen hier nachlesen.

Und wer mehr über den Zusammenhang von Kaiserschnitt und Darmbakterien lesen möchte, klickt hier.

Anmerkung: Ich verurteile niemanden, der sich für für einen KS entscheidet. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Letztendlich haben wir uns ja auch bewusst nach den drei Tagen Einleitung dafür entschieden. Aufgrund meiner Erfahrung würde nur keinen mehr wollen, wenn es nicht vermeidbar wäre. Der KS ansich verlief problemlos und alle waren lieb und für mich da, mein Kopfkino ist nur einfach zu gut, so dass es für mich höllisch war. Die Schmerzen danach waren nur dank vieler Medis aushaltbar und trotzdem bin ich ab Tag 2 wieder „gelaufen“ (wir hatten ein Frühstücks- und Abendbrot-Büffet einen Raum weiter).

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